„Hessisch Willkommen!“ – lebendige Erinnerungen an den Hessentag und Orientierung in der aktuellen Krise

Die Mischung zwischen Heiterkeit und politischer Information ist gelungen, waren sich viele Besucher des Diskussionsabends mit Hans Eichel und Fabio Longo einig. Von Erinnerungen an den Hessentag 1995 in Schwalmstadt bis zur verständlichen Erläuterung der europäischen Staatsschuldenkrise hatte der Abend eine breite Palette zu bieten. Dass der fröhliche Geist vom Hessentag im Treysaer Haus für Gemeinschaftspflege spürbar wurde, verdankten die Besucher auch der überraschenden Teilnahme des Hessentagsmädchens Alexandra Ries. Sie hat vor 17 Jahren zusammen mit Bürgermeister Wilhelm Kröll und Ministerpräsident Hans Eichel den Hessentag eröffnet. Durch ihre Anwesenheit wurden die Erzählungen von Wilhelm Kröll über den Hessentag noch lebendiger.

Dass es beim Hessentag nicht nur um Erinnerungen geht, machte daraufhin Schwalmstadts Bürgermeisterkandidat Dr. Fabio Longo (SPD) in seiner Rede deutlich. Denn Schwalmstadt hat dem Hessentag und auch der Unterstützung des damaligen Ministerpräsidenten Hans Eichel zu verdanken, dass das beliebte Weindorf an der Totenkirche seit dem Hessentag Jahr für Jahr stattfindet. „Ich setze mich dafür ein, dass das Weindorf genauso wie die anderen kulturellen Ereignisse der Stadt erhalten bleibt. Sie stehen von der Salatkirmes bis zu den Konzerten im Hospital für die Lebendigkeit und die Vielfalt des kulturellen Lebens in Schwalmstadt“, sagte Fabio Longo. Wichtig dafür sei eine gute Zusammenarbeit der Stadt mit allen regionalen Kreditinstituten, der Stadtsparkasse, der Kreissparkasse und der VR Bank Hessenland. Der Bürgermeisterkandidat hat schon Gespräche mit allen drei Instituten geführt.

Zu Beginn seiner Gastrede ging Hans Eichel auch auf die Bedeutung der Bürgermeisterwahl in Schwalmstadt ein. „Es ist wichtig wählen zu gehen und Fabio Longo zu wählen. Ich kenne ihn seit einigen Jahren und traue ihm das Bürgermeisteramt zu. Zusätzlich ist er Fachmann für eines der wichtigsten Zukunftsthemen zur Steigerung der Wirtschaftskraft vor Ort“, sagte der ehemalige Bundesfinanzminister und Kasseler Oberbürgermeister im Hinblick auf die kommunale Energiewende. Erst in dieser Woche hat Hans Eichel an der Demonstration der Solarwirtschaft in Berlin teilgenommen. „Es ist Wahnsinn, kurz vor Erreichen günstiger Preise für Solaranlagen die gesetzliche Vergütung auf einen Schlag drastisch zu senken“, sagte Hans Eichel. „Die Preise für Solarstromanlagen werden seit Jahren günstiger und konnten von 2008 bis heute in wenigen Jahren halbiert werden.“ Die Bundesregierung müsse sich entscheiden, ob sie die Interessen der Energiekonzerne oder die Interessen zur wirtschaftlichen Entwicklung des ländlichen Raums vertreten wolle. Allein in Nordhessen hängen über 10.000 Arbeitsplätze in Handwerk und Industrie von der Solarwirtschaft ab.

Im Hauptteil seiner Rede erläuterte Hans Eichel in einfachen und verständlichen Worten die europäische Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise. Die Besucher konnten mit dem guten Gefühl nach Hause gehen, ein wenig Orientierung bekommen zu haben.

Eichel betonte, dass es keine Krise des Euro gebe und auch keine Krise der europäischen Wirtschaft. Die EU sei der stärkste Wirtschaftsraum der Welt, größer als die USA und sogar immer noch größer als China. Daraus sollten wir Selbstbewusstsein ziehen. Deutschland alleine könne bei einer Rückkehr zur D-Mark im weltweiten Wettbewerb nicht bestehen. Nicht der Euro sei das Problem, sondern die Verschuldung der europäischen Länder und gleichzeitig das Interesse US-amerikanischer Spekulanten, den Euro zu schwächen. Denn gerade die USA hätten kein Interesse an einem starken Euro neben dem Dollar. Die Finanzmärkte hätten ein größeres Vertrauen in die USA, obwohl der Staat dort weitaus mehr Schulden angehäuft habe als die EU-Mitgliedsstaaten zusammen. „Deshalb können wir die Krise nur bewältigen, wenn Europa endlich auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik mit einer Stimme spricht und an einem Strang zieht.“ Da Deutschlands Wohlstand zu rund 50 Prozent aus dem Handel mit der Welt erwirtschaftet werde, dürfen gerade wir kein Interesse daran haben, verschuldete Staaten wie Griechenland Pleite gehen zu lassen. „Nur zahlungsfähige Staaten mit einer gesunden Wirtschaft können weiterhin unsere Produkte kaufen und damit für unseren Wohlstand sorgen“, sagte der ehemalige Bundesfinanzminister und ergänzte: „Nur ein stabiler Euro ist Garant dafür, dass deutsche Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen international gekauft werden.“ Eine Rückkehr zur D-Mark würde hingegen wie beim Schweizer Franken zu einer teuren Währung führen und die Preise im internationalen Wettbewerb verhageln. „Für unsere wirtschaftliche Zukunft ist es daher wichtig, am Euro festzuhalten und die Europäische Union politisch zu stärken“, sagte Hans Eichel zum Abschluss seiner Rede.

Nach Brezeln, Kartoffelwurst und Getränken gingen Fabio Longo und Hans Eichel zum Ende der Veranstaltung auf einige Fragen der Besucher ein. Helmut Schwedhelm und Regine Müller, MdL, von der Schwälmer SPD schlossen die Veranstaltung mit ihren persönlichen Eindrücken zum Hessentag 1995.