Die Lethargie muss ein Ende haben: Ein Kommentar zur Kritik an Schwalmstadts Bürgermeister Pinhard

Nachdem Karsten Schenk (CDU) für einen echten Paukenschlag im Schwalmstädter Stadtparlament gesorgt hatte (wir berichteten) und daraufhin auch die übrigen Fraktionssprecher Kritik an Stefan Pinhard übten (hier geht’s zum Artikel), kommentiert nun unsere Redaktion die Amtsführung des Schwalmstädter Bürgermeisters.

Hat sich Schwalmstadt in Stefan Pinhard getäuscht? Mehr als 56 Prozent der Wähler haben sich bei der Stichwahl vor gut einem Jahr viel versprochen, als sie dem unabhängigen, parteilosen Bewerber ihre Stimme gaben. Heute ist klar: Der Verwaltungsfachmann hat es in einem Jahr nicht geschafft, die 270 Mitarbeiter der Stadt hinter sich zu bekommen.

Und: Der Immobilienverständige hat es seit Amtsantritt ebenso nicht geschafft, die Kommunale Wohnungsgesellschaft zu lösen. Traurig, aber wahr: Die KWS ist eines von mehreren Beispielen, bei denen die Stadtverordneten schon seit einem Jahr um eine gute Entscheidungsvorbereitung, um nachvollziehbare Zahlen, Fakten und um ordentliche Beschlussvorlagen bitten.

Der Bürgermeister schiebt auch Themen wie die Freibadsanierung vor sich her. Das hat eine verheerende Folge: Stillstand in Schwalmstadt! Das Heikle an der Trägheit im Rathaus: Bei den Mitgliedern der politischen Gremien kommt Frust auf. Die Ehrenämtler, die große Teile ihrer Freizeit opfern, sehen sich einem Verwaltungschef gegenüber, dessen Versäumnisse sie versuchen, auszubaden.
Unsere Redaktion hat mit den im Schwalmstädter Parlament vertretenen Fraktionen gesprochen und festgestellt: Es herrscht Konsens darüber, dass Pinhard nicht das Anforderungsprofil eines Bürgermeisters erfüllt. Die Situation, die nun vorherrscht, ist äußerst misslich. Denn der Außenstehende nimmt die aktuelle Trägheit in der Verwaltungsspitze und den Frust der Ehrenämtler kaum wahr.

Wenn sich dann einzelne Politiker in der Presse zitieren lassen und ihren Unmut über die geleistete oder nicht geleistete Arbeit des Bürgermeisters äußern, entsteht nicht selten ein falscher Eindruck: Hier könnten etablierte Parteien dem parteilosen Pinhard das Leben schwer machen. Oder: Die frustrierten Parteien könnten noch immer verzweifelt versuchen, die Niederlagen ihrer eigenen Kandidaten zu verkraften.

Das sind Verschwörungstheorien – meist von Menschen, die es versäumen, den öffentlichen Sitzungen der politischen Gremien beizuwohnen und auch ansonsten nicht ausgewogen mit allen Fraktionen sprechen, um sich Erklärungen anzuhören. Wer setzt sich auch schon gern unter der Woche stundenlang in einen Sitzungssaal und hört sich an, was sich die Kommunalpolitiker um die Ohren werfen?

Mein Tipp: Machen Sie es! Denn nur, wer sich mit der Politik in Schwalmstadt beschäftigt, wird verstehen, warum beispielsweise der städtische Haushalt mit einem Überschuss abschließt, warum die Stadt so hoch verschuldet ist oder warum die Mehrzahl der Stadtverordneten die Antragstellung auf Fördermittel für das Dorfgemeinschaftshaus in Trutzhain abgelehnt hat.

Aber zurück zu Pinhard: Auch hier entsteht schnell ein falscher Eindruck. Es geht den Fraktionen eben nicht um öffentliche Schelte oder darum, die eigenen Bedürfnisse nach Anerkennung zu befriedigen. Die Fraktionen haben schlicht und ergreifend für sich erkannt, dass Pinhard seine Aufgaben nicht erfüllt.

Damit ist keine Arglist verbunden und auch keine Kritik auf persönlicher Ebene. Die Stellungnahmen der Fraktionssprecher sind vielmehr ein Hilferuf. Sie machen ihre Unzufriedenheit transparent und fordern die Bürger auf, sich ein eigenes, fundiertes Bild von der Lethargie in der Verwaltungsspitze zu machen, anstatt blind Verschwörungstheorien zu folgen – nicht mehr und nicht weniger!

Quelle: https://www.lokalo24.de/lokales/schwalm-eder-kreis/schwaelmer-bote/lethargie-muss-ende-haben-kommentar-kritik-schwalmstadts-buergermeister-pinhard-9405551.html

 

Das sagt unser Fraktionsvorsitzender Daniel Helwig:

SPD: „Für was steht der Bürgermeister eigentlich?“

Dass sein Amtskollege von der CDU am 15. Dezember zum letzten Mal an einer Stadtverordnetensitzung teilnehmen wird, kam auch für Daniel Helwig überraschend. Wie uns der SPD-Fraktionschef aber bereits wenige Tage nach Schenks Verkündung bestätigte, ist die Unzufriedenheit mit der Amtsführung von Bürgermeister Stefan Pinhard immer mehr zu spüren.

Im Redaktionsgespräch mit lokalo24.de sagte Helwig: „Wenn ich unabhängig und parteilos bin, dann muss ich die Fähigkeit haben, eigene Ideen zu entwickeln, die Verwaltung und die Gremien zu führen und zwischen den Fraktionen zu vermitteln.“ Von seinen Ideen aus dem Wahlkampf und der angestrebten Bürgerbeteiligung – zum Beispiel im Falle des sanierungsbedürftigen Freibads in Ziegenhain – sei heute nichts zu sehen. „Für was steht der Bürgermeister eigentlich?“, fragt Helwig, ohne eine Antwort zu finden.

Der Sozialdemokrat äußert bei seinem Besuch in unseren Redaktionsräumen vor allem sein Mitleid für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Zur Begründung sagt er: „Die Verwaltung bekommt sehr viele Aufträge von uns. Allein die Rückführung der Stadtwerke in den städtischen Haushalt ist ein großer Brocken. Die Arbeit stapelt sich. Wenn dann nicht jemand da ist, der einen Fahrplan entwirft und sagt, welche Aufgaben zuerst angegangen werden, bleibt vieles auf der Strecke.“

Aber welche Erwartungen stellt Helwig konkret an den Bürgermeister? „Er soll die Meinungen aus der Verwaltung und dem Magistrat in die aktuellen Diskussionen einfließen lassen. Er muss uns darüber informieren, was die Verwaltung stemmen kann und in welcher Reihenfolge sie vorgeht.“ Auf die Frage, ob nun die Gefahr besteht, dass künftig noch mehr Fraktionsvorsitzende ihr Ehrenamt niederlegen könnten, sagt Helwig: „Nein. Und das wäre auch nicht konstruktiv. Wir müssen weiterarbeiten. Wir werden uns jetzt zusammensetzen und darüber beraten, wie es weitergehen kann.“